Fahrradfahren in Japan? Ich habe es auf einer ersten Runde durch Tokyo ausprobiert:
Die Tour habe ich mit Komoot geplant. Das macht aber nicht so einen großen Unterschied zu Google oder Apple Maps, weil es hier abseits der Flüsse praktisch keine Radwege gibt. In Deutschland ist es eine Weile her, dass mich Komoot mal in eine Treppe geschickt hat, hier kann das schon mal passieren. Auch bei einem Tunnel hab ich erstmal gestreikt. Aber da durfte und musste ich letztendlich durch.
Was mir hier gut gefällt, ist die sehr zurückhaltende Art der Japaner. Auch im Straßenverkehr. An die aggresiven Fahrmanöver mancher Verkehrsteilnehmer hat man sich in Stuttgart ja leider fast schon gewöhnt, hier habe das quasi gar nicht wahrgenommen. Dankenswerterweise blinken die Japaner auch sehr zuverlässig und früh.
Das Parken am Straßenrand ist in Japan grundsätzlich nicht erlaubt, nicht einmal für Fahrräder. Und zumindest in den Wohngebieten hält sich da auch jeder dran. Dadurch kann man die Kreuzungen gut einsehen und muss nirgendwo befürchten, dass ein Fußgänger hinter einem Auto hervorspringt. Einbahnstraßen sind in der Mehrzahl für Radler freigegeben. Und so kommt man gerade auf den Nebenstraßen zügig voran, wären da nicht die Ampeln. Die hängen hier auch an vielen Kreuzungen, an denen nicht wirklich was los ist.
Von Baustellenampeln scheinen die hier hingegen nichts zu halten. Immer wenn irgendwo gebaut wird – und die Japaner bauen gerne und oft – stehen da mindestens zwei ältere Menschen mit Warnweste, Helm und Laserschwert und regeln den Verkehr. Kleine Verneigung inklusive.
An vielen Hauptstraßen gibt es zwar Bemühungen, den Radverkehr zu fördern. Leider sind das aber nur bunte Farbstreifen, die von vielen Autos und LKW als Haltezone okkupiert werden. Das zerstört den Flow und macht gefährliche Überholmanöver notwendig. Und spätestens wenn man im Autostau landet, fängt man wie die Japaner das Cherry-Picking an und wechselt zwischen Gehweg und Straße, wie es einem gerade am meisten nützt. Genauso wie die Radfahrer hier kulturell bedingt nicht über die parkenden Autos auf Radwegen schimpfen, halten sich die Autofahrer übrigens bedeckt, wenn sich man an der Ampel nach schiebt. Immerhin.
Wenn es aber mal läuft, dann rollt es herrlich. Tokyo hat nicht nur ein, sondern viele Downtowns. Dadurch wechselt die Umgebung immer wieder zwischen Hochhausschluchten
, gemütlichen Wohngebieten, Parks, Tempeln bzw. Schreinen und… ja, den Kaiser und seinen Palast gibt es ja auch noch.Rollen muss es auch bei dem Wetter. Im Stand sind die Temperaturen in Tokyo gerade nicht besonders angenehm. Gut, dass es da alle hundert Meter einen Getränkeautomaten gibt. Und an manchen Häusern sogar ein halbes Dutzend.
Außerdem hab ich beim einzigen Komoot-Rennrad-Highlight von Toyko vorbeischaut: Dem Rapha Café. Die Radler da haben sehr von ihren Touren ins Umland geschwärmt.
Zum Radfahren in Tokyo ist das erste Fazit: Tagsüber schneller als Auto, nur geringfügig sicherer als in Deutschland, aber selten der reine Genuss.