Vom Fensterplatz im Landeanflug, vom Sky Deck des Fernsehturms, in Google Earth, SimCity oder auf dem guten alten Autoteppich: Die Vogelperspektive bringt oft einen spannenden neuen Blick auf die Dinge.
Ich habe mir in Japan eine kompakte Video-Drone gekauft. Nach drei Monaten mit dem Gerät ist es Zeit für ein erstes Fazit: Was gibt es zu beachten? Was gibt es zu sehen?
Eine Drone in Japan kaufen
Das Abenteuer beginnt mit einer guten Nachricht: Dieselben elektronischen Geräte sind in Japan in der Regel günstiger als in Deutschland. Das liegt zum einen an der geringeren Mehrwertsteuer von nur 10%. Darüber hinaus hat der japanischen Yen gegenüber Dollar und Euro deutlich abgewertet, seit die Zentralbanken in Washington und Frankfurt ihre Leitzinsen angehoben haben – die Japaner in Tokyo jedoch nicht.
Und wer mag, kann ein entsprechendes Fluggerät auch in einem der vielen Gebrauchtwarenläden kaufen, die hier „Book Off“ heißen. Die Waren haben höchstens minimale Gebrauchsspuren, sind auf einwandfreie Funktion geprüft und kommen sogar mit einer kurzen Garantiezeit.
Beim Kauf ist zu beachten, dass ältere Modelle wie meine DJI Mini 2 für den japanischen Markt angepasst wurden. Durch die Halbierung der Akkus hat der Hersteller das Gewicht unter 200 Gramm gedrückt, sodass bis 2021 keine Registrierung notwendig war. Die Akkus aus dem Rest der Welt sind jedoch kompatibel und erlauben, die maximale Flugzeit wieder von 18 auf 31 Minuten zu steigern. Mittlerweile verkauft DJI in Japan auch eine Mini 2 SE, die de facto identisch mit der bisherigen Mini 2 mit großem Akku ist.
Drohnen-Zulassung in Japan
Erstaunlicherweise sind die rechtlichen Vorschriften zum Betrieb von Drohnen für Hobbypiloten in Japan nicht strenger als in Deutschland. Eine Registrierung und Kennzeichnung ist zwar ab einem Fluggewicht von 100 Gramm verpflichtend, eine Versicherung aber erst jenseits der Hobby-Geräte ab 2,5 kg. Kenntnisnachweise werden nicht verlangt.
Deutschland | Japan | |
---|---|---|
Registrierungspflicht | ab 250 g | ab 100 g |
Versicherungspflicht | alle | nein |
Kenntnisnachweis | ab 2 kg | nein |
Flughöhenbegrenzung | 120 m | 150 m |
Nachtflug | mit grünem Blinklicht | nein |
Die Registrierung des Fluggeräts erfolgt online auf dem Unmanned Aircraft Registration Web Portal. Der Vorgang ist überraschend einfach, weil die Seite auch auf Englisch verfügbar ist. Bei der Profilerstellung kann man die Identität über die NFC-Funktion der „Zairyu“ (Residence Card) nachweisen. Dadurch dauert der Vorgang nur wenige Minuten und man kann theoretisch noch am gleichen Tag losfliegen. Für Besucher ohne Wohnsitz in Japan gibt es einen alternativen Prozess, für den möglicherweise mehr Zeit einkalkuliert werden muss.
Dem Profil kann man danach Fluggeräte hinzufügen. Im Rahmen der Registrierung wird die Seriennummer der Drohne abgefragt. Außerdem muss man bestätigen, dass diese im serienmäßigen Zustand und mit einer Renote-ID ausgestattet ist. Letztere ist mittlerweile bei allen verbreiteten Geräten Standard und erlaubt den Behörden die Identifikation per Funkempfänger, etwa falls man sich einem Flughafen zu sehr nähert.
Die fällige Anmeldegebühr in Höhe von 900 Yen (ca. 7 Euro) kann per Überweisung oder im Konbini gezahlt werden. Direkt danach erhält man die Zulassungsnummer, die auch gut sichtbar auf dem Gerät angebracht werden muss. So können havarierte Fluggeräte dem Besitzer zugeordnet werden.
Flugverbotszonen für Drohnen in Japan
Flüge mit registrierten Drohnen sind in Japan erlaubt, wo keine der folgenden Ausnahmen zutrifft:
Flughäfen, Militär- und Regierungseinrichtungen
Das ist natürlich naheliegend. Die Flughäfen und sonstigen Einrichtungen sind einschließlich der etwaigen Höhenbeschränkungen in der Karte von DJI eingetragen. Ohne es ausprobiert zu haben, dürfte die App vor dem dortigen Start auch allerlei Warnungen bzw. Weigerungen aussprechen.
Große Menschenansammlungen
Auch das ist verständlich. Große Konzerte und Veranstaltungen überfliegt man zum Glück auch selten aus Versehen.
Dicht besiedelte Gebiete
Ist nicht ganz Japan dicht besiedelt? Ja, im Vergleich zu Deutschland ganz bestimmt. Die Definition bzw. Grenze liegt in diesem Fall bei 4.000 Einwohnern je Quadratkilometer. Diese Zonen sind nicht im Kartenmaterial von DJI enthalten.
Das geographische Institut bietet aber zur Orientierung eine entsprechende Karte. Diese bestätigt die Befürchtung, dass eigentlich alle japanischen Städte definitionsgemäß dicht besiedelt sind. Auf dem Handy lässt sich diese Karte in der kostenlosen App “Drone Maps” einsehen.
Die Werte für das Kartenmaterial des GSI scheinen jedoch nach unterschiedlichen Methoden berechnet zu werden. Während manche Städte durchgängig rot gefärbt sind, gibt es in anderen Orten Zonen wie Ufergebiete und Ackerflächen, für die (wahrheitsgemäß) eine Dichte von unterhalb 4.000 EW/km2 ausgewiesen wird. Daher sind Flüge über entsprechenden Gebieten vermutlich in Ordnung, solange keine andere Regel verletzt wird.
Menschen, Gebäude und Fahrzeuge
Es gibt noch eine allgemeine Abstandsregel von 30 Metern. Diesen Abstand muss man zu allen Menschen, Gebäuden, Fahrzeugen etc. einhalten. Ein entsprechender Höhenabstand reicht dabei auch aus.
Lokale Sonderregelungen
Die oben genannten Vorschriften sind recht einfach und verständlich. Es gibt jedoch lokale Verschärfungen. So sind beispielsweise alle öffentlichen Gärten und Parks in Tokyo tabu. Auch an weiteren Orten habe ich schon Verbotsschilder gesehen. Diese waren eindeutig und vermutlich nicht zufällig auch oder nur auf Englisch verfasst.
Wem an einem ruhigen Gewissen und einem guten Miteinander gelegen ist, fragt lieber einmal zu oft nach, bevor er oder sie mit der Drohne durchstartet. Meiner Erfahrung nach finden die meisten Passanten die kleinen Fluggeräte interessant und befürworten es, wenn man mit ihrer Hilfe schöne Bilder Japans in die Welt sendet – sofern man niemandem stört.
Unterschiede zu Deutschland
Im Vergleich mit den deutschen Regeln fällt auf, dass einige Orte nicht in der Liste der Flugverbotszonen aufgeführt sind. Das heißt natürlich nicht, dass es unbedingt sinnvoll ist, dort zu fliegen.
Ort | Deutschland | Japan |
---|---|---|
Flugplätze | verboten | verboten |
Militäreinrichtungen | verboten | verboten |
Regierungseinrichtungen | verboten | verboten |
Autobahnen | verboten | Regeln beachten |
Krankenhäuser | verboten | Regeln beachten |
Strafvollzugsanstalten | verboten | Regeln beachten |
Naturschutzgebiete | verboten | Regeln beachten |
Grundstücke | verboten | Regeln beachten |
Badestellen | verboten | Regeln beachten |
Industrieanlagen | verboten | Regeln beachten |
Ausnahmen
Wem diese Regeln zu streng sind, der kann sich bei den Behörden auch um eine Ausnahme Genehmigung bemühen. Dafür sind mindestens zehn, besser 20 Arbeitstage Bearbeitungszeit einzuplanen. Ein Kenntnisnachweis („Drohnen-Führerschein“) und der Verweis auf eine vorhandene Haftpflicht-Versicherung helfen möglicherweise bei der Überzeugungsarbeit. Ich habe mir diese Mühe bislang noch nicht gemacht.
Sichtfluggebot
Die einfache Registrierung der Drohne erlaubt einem in Japan nur Flüge bei Tageslicht. Dabei ist eine permanente Sichtverbindung zur Drone sicherzustellen. Die Verwendung von FPV-Brillen ist somit nicht erlaubt.
Seit einiger Zeit kann man sich im Drohnenregistrierungsportal jedoch auch um eine Zertifizierung für eine Drohne und den dazugehörigen Remote Pilot bewerben. Der Prozess ist aufwändiger und beinhaltet auch die Inspektion des Fluggeräts durch die Behörde. Dafür darf man nach positivem Bescheid auch Flüge ohne Sichtverbindung durchführen.
Technische Grenzen: Wetter, Wind und Reichweite
Die meisten Hobby-Dronen sind nur für beste Wetterbedingungen geeignet. Meine Drone kann zwar erfahrungsgemäß ein paar kleine (!) Regentropfen und Schneeflocken ertragen – empfehlenswert sind solche Flugbedingungen jedoch nicht.
Auch zu kalte oder heiße Temperaturen setzen dem Gerät zu. DJI gibt 0 °C als untere Grenze an. Mit einem Akku aus dem dem warmen Auto bin ich jedoch auch bei -8 °C Außentemperatur ohne Probleme geflogen. Die hohe Eigenerwärmung des Lithium-Ionen-Akkus beim Flug hilft dabei.
Im Sommer gilt das Gegenteil. DJI gibt eine maximale Temperatur von 40 °C an. So heiß wird es in Japan zum Glück nur selten. Aber bei direkter Sonneneinstrahlung kann sich das Gerät auch bei milderem Wetter entsprechend aufheizen. Ich habe mir jedenfalls vorgenommen, die Drohne vor und nach den Flügen im Sommer nie unnötig in der Sonne liegen zu lassen.
Die größte Herausforderung war jedoch bislang der Wind. Die Grenze von 36 km/h (Windstärke 5) klingt zunächst hoch, wird aber in Japan häufig erreicht oder übertroffen. Weil dann ein Verlust der Drohne und eventuelle Folgeschäden drohen, vertagt man das Flugabenteuer besser. Mit dieser Einschränkung muss man in einem hügeligen Inselstaat leben.
Die Reichweite der Funkverbindung wird mitunter auch unter Drohnenpiloten diskutiert. Das japanische Modell nutzt die gleichen Frequenzen wie in Europa, mit denen bis zu 6 km Reichweite möglich sein sollen (USA: 10 km). Diese Werte sind zwar nur theoretisch und fallen je nach Gelände, Vegetation und Bebauung deutlich geringer aus. Aber auch – oder gerade – dann sind sie aufgrund des Sichtfluggebots absolut ausreichend.
Was gibt es dann zu sehen?
Die Unterschiede zwischen Japan und unserer Heimat sind auch von oben sichtbar. Enge Gassen findet man in Europa höchstens noch in Altstädten – in Japan sind sie überall. Die Häuser stehen dicht an dicht und haben höchstens kleine, oft aber überhaupt keine Gärten.
Entlang der großen Flüsse gibt es manchmal Grünflächen, die der Naherholung und der Überflutung bei Starkregen dienen. Oft sind die Gewässer aber komplett kanalisiert.
Das Leben spielt sich entlang der Bahnverbindungen ab, die bis ins kleinste Dorf reichen und auch in der Region Tokyo oft oberirdisch verlaufen. Das haben sie mit den Stromleitungen gemeinsam, die sich von Haus zu Haus ziehen.
Auf dem Land wird jedes flache Stück für den Reis- oder Gemüseanbau genutzt. Nur ab und zu steht dazwischen eine Freiflächen-Solaranlage.
Update: Mit der Drone im Japanischen Meer
Eine alte Weisheit besagt: Wer sich seinen ersten Porsche kauft, sollte auch das Geld für den zweiten haben. Für Dronen gilt das Gleiche. Ähnlich wie bei der Kaskoversicherung von Kraftfahrzeugen kann man aber auch Schäden und Verluste der kleinen Fluggeräte absichern – mit Ausnahme von Vorsatz und grober Fahrlässigkeit.
In meinem Fall hat sich diese Option nach 8 Monaten das erste Mal rentiert. Nachdem die Drone ein automatisches Flug- bzw. Filmmanöver absolviert hatte, wollte sie gemäß der Funktion wieder an den Ausgangspunkt zurückkehren. Leider wählte sie dabei eine etwas niedrigere Flugbahn. Bevor ich es realisieren konnte, war sie schon mit der Uferbefestigung auf der südlichsten Hauptinsel Kyushu kollidiert und ins Meer gestürzt.
Die sofort eingeleitete SAR Mission konnte das Fluggerät im flachen Wasser zwar rasch bergen. Meerwasser und Sand waren aber natürlich längst überall eingedrungen.
Immerhin ließ sich die Speicherkarte einwandfrei auslesen. Der Akku wirkte zwar zunächst unbeschädigt, hat aber in den darauffolgenden Tagen minimal an Volumen gewonnen und wurde aus Sicherheitsgründen der Verwertung zugeführt. Die Drone wurde vom Hersteller gemäß der Vertragsbedingungen zu sehr geringen Kosten ersetzt. Hierbei hat sich die Rettung bezahlt gemacht. Bei einem kompletten Verlust ist fast der gesamte Kaufpreis erneut zu entrichten – was Betrug durch Weiternutzung verhindern soll.
Weiterführende Informationen
- Japan’s safety rules on Unmanned Aircraft (UA)/Drones des Civil Aviation Bureau [Englisch]
- Flugregeln für unbemannte Fluggeräte (Drohnen/ferngesteuerte Fluggeräte usw.) des Ministerium für Land, Infrastruktur, Transport und Tourismus [Deutsch]
- Unmanned Aircraft Registration Web Portal des Ministerium für Land, Infrastruktur, Transport und Tourismus [Deutsch]
- Karte dichtbesiedelter Gebiete des geographischen Institut
- Drone Maps App mit Flugverbotszonen
- Karte der Flugverbotszonen von DJI (unvollständig!)
- Deutschsprachiger Blogpost inklusive Beschreibung der Dronen-Registrierung als Tourist von Kawaraban
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