Wenn sich in Tokyo am Ende einer Arbeitswoche die Sonne senkt, erwacht eine ganz besondere Szene zum Leben. Und ein Autobahn-Parkplatz, der einem schon tagsüber unwirklich vorkommt, spielt dabei eine ganz besondere Rolle.
Überall in der Region ziehen die Auto-Fans ihre Garagentore hoch und machen sich auf den Weg. Durch die Stadt, durch Tunnel und über Brücken bis zu Pier im Hafen von Yokohama.
Willkommen auf der Daikoku Parking Area, dem Mekka für japanische Auto-Freaks!
Die Daikoku Rastanlage ist die größte im gesamten Großraum Tokyo-Yokohama. An einem Freitagabend wie diesem ist sie fest in der Hand der Tuning-Fans. Manche kommen sogar mit dem Taxi, weil man selbst in Japan einen Autobahnparkplatz nicht mit den Öffentlichen erreicht.
Die Szene, die man hier trifft, ist keineswegs einheitlich:
Japanische Sportwagen sind natürlich hoch im Kurs: Von den Modellen Toyota GT86, Nissan Skyline sowie den Rallye-Legenden Mitsubishi Lancer und Subaru Impreza trifft man gleich mehrere an. Die aufgemotzten Wagen ziehen je nach Fahrweise natürlich über kurz oder lang auch die Aufmerksamkeit der Gesetzeshüter auf sich – sehr zum Leidwesen der Fahrerinnen und Fahrer.
Zur Tarnung entstand daher eine weitere Tuning-Kategorie: Der VIP Style. Dabei werden Oberklassewagen und Kleinbusse modifiziert. Eine Tieferlegung bis auf den Nullpunkt ist nur der Anfang. Abgasanlage, Radsturz, Scherentüren und völlig übertriebenes Infotainment gehören meistens auch dazu.
Die Bōsōzoku genannten Gangs mit ihren frisierten Motorrädern entstanden bereits im Nachkriegs-Japan der 1950er. An den Zweirädern sind überdimensionierte Lenker, Verkleidungen und Sitzlehnen montiert. Dazu kommt eine übertrieben laute Auspuffanlage, eine Hupe bestehend aus mehreren Fanfaren sowie die heutzutage unvermeidbare LED-Beleuchtung.
Teure Sportwagen im Serienzustand sieht man auf dem Daikoku übrigens auch. Sie sind aber in der Minderheit und bekommen keine besondere Beachtung. Hier zählt nur die leidenschaftliche Arbeit, die die Besitzerinnen und Besitzer in ihre Fahrzeuge gesteckt haben.
Was die Szene freut, würde nicht nur bei deutschen TÜV-Prüfern zum sofortigen Herzstillstand führen. Denn sind wir mal ehrlich: So einen Auspuff hat man in Deutschland zuletzt vor 30 Jahren im Baccara Club gesehen…
Die Autobahn-Polizei, die ihre Wache direkt am Daikoku hat, schaut dem Treiben jedes Mal eine Weile zu. Dann ermahnt sie per Lautsprecherdurchsage die Reisenden, nicht zu lange auf dem Parkplatz zu verweilen. Und irgendwann wird die Versammlung dann ganz höflich geräumt. Bis zum nächsten Wochenende!